Die Flagge des Königreichs Preußen, die von 1892 bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918 in Gebrauch war, ist ein tiefgreifendes Symbol eines Staates, der die deutsche und europäische Geschichte maßgeblich prägte. Sie verkörpert den militaristischen Geist, den monarchischen Stolz und die historische Kontinuität Preußens, eines Königreichs, das für seine Disziplin, seine Verwaltungseffizienz und seine zentrale Rolle bei der deutschen Einigung bekannt war. Diese spezifische Ausführung der preußischen Flagge repräsentiert den Höhepunkt der preußischen Macht und des preußischen Einflusses innerhalb des Deutschen Kaiserreichs.
Abmessungen und Proportionen: Die primäre Zivil- und Staatsflagge des Königreichs Preußen in dieser Zeit hatte typischerweise ein Seitenverhältnis von 3:2 (Länge zu Höhe). Dieses Verhältnis sorgte für ein ausgewogenes und würdevolles Erscheinungsbild, geeignet für den offiziellen Gebrauch an öffentlichen Gebäuden, auf See für Handelsschiffe und durch staatliche Behörden. Während spezifische Abmessungen für verschiedene Anwendungen (z. B. Marineflaggen oder Militärstandarten oft leicht abweichende Verhältnisse oder zusätzliche Elemente) variieren konnten, war das Verhältnis 3:2 der Standard für die Nationalflagge.
Farben und Anordnung der Elemente: Das Design der preußischen Flagge von 1892-1918 ist eine auffällige horizontale Trikolore aus Schwarz, Weiß und Schwarz, wobei der mittlere weiße Streifen deutlich breiter ist als die äußeren schwarzen. Dieses Muster wird oft als 1:4:1 beschrieben, was bedeutet, dass die schwarzen Streifen jeweils etwa ein Sechstel der Flaggenhöhe einnahmen, während der weiße Streifen zwei Drittel belegte.
Das zentrale Merkmal dieser Flagge, platziert im breiten weißen Streifen, leicht versetzt zur Hissseite (der Seite, die dem Fahnenmast am nächsten ist), ist der ikonische Preußische Adler. Dieses heraldische Wappentier ist als schwarzer Adler dargestellt, der zur Hissseite blickt, mit leicht ausgebreiteten Flügeln in einer dynamischen, fast angreifenden Pose.
Zu den Hauptmerkmalen des Preußischen Adlers auf der Flagge gehören:
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Kaiserkrone: Der Adler ist mit der majestätischen Preußischen Königskrone gekrönt, die die Souveränität des Königreichs und die Autorität der Hohenzollern-Dynastie symbolisiert. Diese Krone ist typischerweise goldfarben und mit Juwelen verziert.
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Regalien: In seiner rechten Klaue hält der Adler ein goldenes Zepter, das königliche Macht und Gerechtigkeit symbolisiert. In seiner linken Klaue hält er einen goldenen Reichsapfel, der die Herrschaft des Monarchen über das Reich darstellt.
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Schwert: Einzigartig ist, dass der Adler auf dieser Flagge oft mit einem Schwert in seiner rechten Klaue dargestellt wird, das mit dem Zepter gekreuzt ist. Dieses prominente Schwert unterstreicht Preußens starke militärische Tradition und seine Identität als Militärstaat.
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Monogramm „FR“: Auf der Brust des Adlers, prominent platziert, befinden sich die verschlungenen goldenen Initialen „FR“. Diese stehen für „Fredericus Rex“ (Friedrich König), eine Hommage an Friedrich I., den ersten König in Preußen, und im weiteren Sinne an das bleibende Erbe der verschiedenen Friedrichs (insbesondere Friedrich der Große, Friedrich II.), die die preußische Macht und Identität prägten.
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Zunge und Klauen: Der Adler hat typischerweise eine rote Zunge, die einen Hauch lebhafter Farbe hinzufügt, und seine Klauen sind golden.
Die gewählten Farben Schwarz und Weiß haben eine tiefe symbolische Bedeutung für Preußen:
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Schwarz: Repräsentiert den schwarzen Adler, das alte Symbol der Hohenzollern-Dynastie, sowie den dunklen, fruchtbaren Boden Brandenburgs, des Kerngebiets Preußens. Es symbolisiert auch Disziplin, Ernsthaftigkeit und militärische Stärke.
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Weiß: Repräsentiert das weiße Feld des Herzogbanner Preußens, traditionell verbunden mit Reinheit, Gerechtigkeit und den leuchtenden Idealen der Monarchie. Zusammen wurden Schwarz und Weiß zu den unverwechselbaren Nationalfarben Preußens, die die Verschmelzung von Ordnung und Aufklärung, Stärke und Tugend symbolisierten.
Geschichte der Flaggenentstehung und Annahme: Die Flagge des Königreichs Preußen entstand nicht plötzlich, sondern entwickelte sich über Jahrhunderte und spiegelte das Wachstum des Staates von einem Herzogtum zu einem mächtigen Königreich und schließlich zum führenden Staat im Deutschen Kaiserreich wider. Die Farben Schwarz und Weiß sowie das Adlermotiv waren seit dem Deutschen Orden, von dem Preußen größtenteils abstammte, zentrale Bestandteile der preußischen Heraldik.
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Frühe Ursprünge (Deutscher Orden): Der schwarze Adler auf weißem Feld stammt aus dem Banner des Hochmeisters des Deutschen Ordens, eines mächtigen Kreuzzugs- und Mönchsordens, der seinen Staat im 13. Jahrhundert in Preußen gründete. Das schwarze Kreuz auf weißem Hintergrund war ebenfalls prominent.
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Herzogtum Preußen (1525-1701): Als Albrecht von Brandenburg 1525 die preußischen Ländereien des Deutschen Ordens in das Herzogtum Preußen säkularisierte, behielt er den schwarzen Adler auf weißem Feld als herzogliches Wappen bei. Der Adler, nun mit Herzogskrone und dem S-förmigen Monogramm Sigismunds I. von Polen (dessen Vasall Albrecht war), setzte diese Tradition fort.
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Königreich Preußen (1701-1871): Bei der Erhebung Preußens zum Königreich im Jahr 1701 unter Friedrich I. erhielt der Adler eine Königskrone, und seine Insignien entwickelten sich zu Zepter und Reichsapfel. Die schwarz-weiße Bikolore (horizontale Streifen) wurde zur Standard-Nationalflagge, es gab jedoch Variationen für militärische und staatliche Zwecke. Die einfache schwarz-weiß-schwarze Horizontalflagge wurde 1818, nach den Napoleonischen Kriegen, als National- und Handelsflagge angenommen.
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Entwicklung zum Design von 1892: Das spezifische Design mit dem zur Hissseite versetzten Adler, der ein Schwert hält und das Monogramm „FR“ trägt, wurde offiziell am 28. Mai 1892 angenommen. Diese Änderung war keine radikale Abkehr, sondern eine Verfeinerung, die die Flagge für die Ära des vereinigten Deutschen Kaiserreichs standardisierte. Sie betonte die königliche Würde des Königreichs und seine zentrale Rolle im neu gegründeten Kaiserreich. Auch die früheren Flaggen zeigten den Adler, aber seine genaue Darstellung, Platzierung und die begleitenden Symbole (wie das Schwert) wurden in diesem Dekret von 1892 standardisiert. Diese Standardisierung spiegelte den Wunsch nach einer konsistenten nationalen Repräsentation im Kontext des mächtigen Deutschen Kaiserreichs wider.
Land- und Regionalkontext: Das Königreich Preußen (Königreich Preußen) existierte von 1701 bis 1918 und entwickelte sich von einem relativ kleinen Kurfürstentum zu einer der Großmächte Europas. Sein Territorium umfasste weite Teile Mittel- und Osteuropas, darunter Brandenburg, Pommern, Schlesien, Westpreußen, Ostpreußen und später das Rheinland und Westfalen. Berlin, seine Hauptstadt, wurde 1871 die Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs.
Die Geschichte Preußens ist untrennbar verbunden mit militärischer Innovation, Verwaltungsreformen und dem Streben nach nationaler Einheit. Unter Führern wie Friedrich dem Großen und Otto von Bismarck führte Preußen die Einigung der deutschen Staaten an, die in der Ausrufung des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871 gipfelte. Der preußische König trug gleichzeitig den Titel des Deutschen Kaisers, wodurch Preußen der dominierende Staat innerhalb des föderalen Kaiserreichs wurde. Die Flagge symbolisierte daher nicht nur ein Königreich, sondern die eigentliche Grundlage des modernen deutschen Nationalstaates, der seine Kernwerte wie Ordnung, Pflicht und militärische Stärke repräsentierte.
Bedeutung für die Einwohner: Für die Menschen in Preußen war die Flagge weit mehr als nur ein Stück Stoff; sie war ein starkes Symbol ihrer Identität, ihres Stolzes und ihrer unerschütterlichen Loyalität gegenüber der Hohenzollern-Monarchie und dem preußischen Staat.
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Nationaler Stolz: Sie verkörperte die Errungenschaften Preußens, von seinen militärischen Siegen bis zu seiner administrativen Exzellenz und seiner Rolle als kulturelles und intellektuelles Zentrum.
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Militärische Tradition: Der prominente Adler mit dem Schwert verstärkte das Bild Preußens als disziplinierte und furchterregende Militärmacht, eine Quelle großen Stolzes für eine Bevölkerung, die tief in Militärdienst und Landesverteidigung investiert war.
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Einheit und Stabilität: In einer historisch fragmentierten Region repräsentierte die Flagge die Stabilität und Einheit, die Preußen brachte, insbesondere nach den turbulenten Napoleonischen Kriegen und der erfolgreichen Einigung Deutschlands.
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Loyalität zur Monarchie: Die Krone und das Monogramm „FR“ verbanden die Flagge direkt mit der Hohenzollern-Dynastie und förderten ein starkes Gefühl persönlicher Loyalität gegenüber dem König-Kaiser.
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Geteilte Identität: Ob in Ostpreußen, Brandenburg oder dem neu erworbenen Rheinland, die schwarz-weiße Flagge mit ihrem markanten Adler bot eine gemeinsame visuelle Identität, die regionale Unterschiede überwand und verschiedene Bevölkerungsgruppen unter einer gemeinsamen preußischen Identität innerhalb des größeren Deutschen Kaiserreichs vereinte.
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Ende einer Ära: Das Einholen dieser Flagge im November 1918, nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und der Abdankung Kaiser Wilhelms II., markierte das Ende der Hohenzollern-Monarchie und des Königreichs Preußen selbst und läutete die Weimarer Republik ein. Ihr Erbe bleibt jedoch tief in der deutschen Geschichte und Vexillologie verwurzelt.
Interessante Fakte:
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Verbindung zum Eisernen Kreuz: Obwohl nicht direkt auf der Zivilflagge, wurde das Eiserne Kreuz, eine berühmte preußische Militärauszeichnung, oft auf preußischen Kriegsflaggen und königlichen Standarten abgebildet, was die Verflechtung militärischer und staatlicher Symbole verdeutlicht. Das Motto „Gott mit uns“ war ebenfalls ein prominentes preußisches und später deutsches kaiserliches Motto.
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Entwicklung des Adlers: Der preußische Adler selbst durchlief im Laufe der Geschichte mehrere stilistische Veränderungen. Der Adler von 1892-1918 ist eine klassische Darstellung, die heraldische Tradition mit einem dynamischen, kraftvollen Erscheinungsbild verbindet und die selbstbewusste Haltung der Wilhelminischen Ära widerspiegelt.
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Farbschlichtheit: Die Einfachheit der Schwarz-Weiß-Farben, kombiniert mit dem detaillierten Adler, schuf ein sehr wiedererkennbares und wirkungsvolles Flaggendesign. Diese Farben sind in Deutschland auch heute noch mit dem historischen Erbe Preußens verbunden.
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Jenseits Preußens: Die schwarz-weißen Farben, die ihren Ursprung im Deutschen Orden haben, wurden später in die Flaggen des Deutschen Kaiserreichs (schwarz-weiß-rot) integriert und beeinflussten sogar einige Aspekte späterer deutscher Flaggen, was Preußens nachhaltigen Einfluss auf die nationale Symbolik zeigt.
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Symbol der deutschen Einigung: Für viele wurde die preußische Flagge dieser Ära zum Synonym für deutsche Einheit und Stärke und repräsentierte den Staat, der den modernen deutschen Nationalstaat schmiedete.
In den Demonstrationsbildern werden Flaggen in voller Größe im Verhältnis 2:3 und Handflaggen im Verhältnis 1:2 gezeigt.